CAS Philosophie (BS): Genealogie als Kritik (SS 2022)

„Ich bin einfach Nietzscheaner und versuche so weit wie möglich, was eine gewisse Anzahl von Punkten betrifft, mit Hilfe von Texten Nietzsches – aber auch mit antinietzscheanischen Thesen (die gleichwohl nietzscheanisch sind!) – herauszufinden, was man in diesem oder jenem Bereich machen kann. Ich suche nichts anderes, aber dies such ich sehr wohl.“ Michel Foucault, Die Rückkehr der Moral (1984)

Nietzsche hatte Zeit seines Lebens ein feines Gespür für seine Unzeitgemässheit. Noch im Vorwort zu seinem letzten Werk Der Antichrist schreibt er: „Dies Buch gehört den wenigsten. Vielleicht lebt selbst noch keiner von ihnen. Es mögen die sein, welche meinen Zarathustra verstehn: wie dürfte ich mich mit denen verwechseln, für welche heute schon Ohren wachsen? – Erst das Übermorgen gehört mir. Einige werden posthum geboren.“ (KSA 6, 167) Was Nietzsche hier bloss für sein letztes Werk in Aussicht stellt, sollte jedoch für sein ganzes Schaffen richtig bleiben: Wie kein anderer Philosoph des 19. Jahrhunderts wurde Nietzsche im 20. Jahrhundert leidenschaftlich rezipiert, oft auch weit über den Bereich der Philosophie hinaus. Besonders deutlich wird dies in der Nietzsche-Rezeption in Frankreich, wo Nietzsche nicht nur von den Surrealisten regelrecht gefeiert, sondern zusammen mit Freud und Marx in den Rang einer der drei „maîtres de soupçon“ (Ricoeur) erhoben wurde.

Diese Folgevoranstaltung zum Lektüre-Seminar von Nietzsches Genealogie-Schrift legt den Fokus auf etwas, was man die genealogischen Form nennen könnte. Denn die von Nietzsche praktizierte Genealogie der Moral wurde in ganz unterschiedlichen gedanklichen Kontexten wie der Psychoanalyse, der Frankfurter Schule, der Ethik und der Diskursanalyse aufgegriffen und weiterentwickelt. Die leitende Frage in diesen Anküpfungsversuchen ist: Was für eine Art von Kritik ist die Genealogie? Oder konkreter: Wie ist es möglich, etwas dadurch zu kritisieren, dass man seine Entstehungsgeschichte erzählt? In der geduldigen Auseinandersetzung mit Texten von Sigmund Freud, Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, von Bernard Williams und  von Michel Foucault wollen wir uns mit diesen Fragen beschäftigen.

Obwohl die Veranstaltung als Folgeveranstaltung konzipiert ist, setzt sie den Besuch des Lektüre-Seminars nicht voraus. Es ist jedoch sicher sinnvoll, dass man Nietzsches Text Zur Genealogie der Moral schon gelesen hat.

Wie im Wintersemester wird auch dieses Seminar nach Massgabe der Corona-Schutzbestimmungen der Universität Basel als Präsenz-Veranstaltung geführt. Die Veranstaltung wird jedoch auch als Zoom-Streaming angeboten. Bitte beachten Sie jedoch, dass die Teilnahme per Zoom nur eingeschränkte Interaktionsmöglichkeiten bietet.

Zeit: 30.3.-29.6.2022 (ohne 13.4./20.4.2022) jeweils Mittwoch, 18:15-20:00 Uhr

Ort: Kollegiengebäude der Universität Basel (Raumangabe folgt)

Anmeldung: bis 26.3. über die Anmeldemaske rechts. Falls Sie an der Veranstaltung via Zoom-Streaming teilnehmen möchten, setzen Sie bitte in die Anmeldemaske im Feld „Beruf“ den Vermerk „Zoom“.

Kosten: CHF 900 (für Entresol-Mitglieder CHF 800)

Leitung: Dr. Andreas Cremonini

Datum

30 März 2022 - 29 Juni 2022
Expired!

Ort

Kollegiengebäude der Universität Basel
Petersplatz 1, Postfach 4001 Basel